Eine Schlange von 7,5 km: Die Pkw-Neuzulassungen im Landkreis im Jahr 2020

Jedes Jahr mehr Autos, mehr Stau, mehr Lärm – dieses Gefühl haben viele. Aber stimmt das auch? Ich habe mir von der Kfz-Zulassungsbehörde die Zahlen geholt – und die haben es in sich. Tatsächlich ist der Pkw-Bestand im Landkreis im Laufe des Jahres 2020 von 84.923 auf 86.632 gestiegen. Nur ein kleiner Anstieg? Man muss sich das bildlich vorstellen: Wenn man die 1709 zusätzlichen Autos allein aus dem Jahr 2020 Stoßstange an Stoßstange aneinanderreihen würde, käme man auf eine Autoschlange von rund 7,5 Kilometern.

Man muss sich dabei bewusst machen, dass der Autozuwachs im Landkreis ja nicht brav in der private Garage rumsteht, sondern dass diese 7,5 Kilometer Autoschlange zusätzlich zum alten Pkw-Bestand auf unseren Straßen unterwegs ist, im öffentlichen Raum steht, Parkplätze verknappt und sich durch die Ortsdurchfahrten drängt.


Dabei ist es keineswegs so, dass plötzlich viele Landkreisbürgerinnen und -bürger ein Zweit- oder Drittauto angeschafft haben, der Zuwachs lässt sich mit der Bevölkerungszunahme erklären. Wir müssen ein neues Problembewusstsein schaffen – und Lösunge finden:

Wir müssen anerkennen, dass der Landkreis Ebersberg zu den am schnellst wachsenden Regionen in der Bundesrepublik gehört. Und jede neue Bürgerin oder Bürger im Landkreis bringt auch ein Mobilitätsbedürfnis mit – und eben häufig auch ein eigenes Auto. Doch unsere Ortszentren sind dörflich bis kleinstädtisch geprägt und die Durchfahrten historisch gewachsen, selbst wenn man wollte: Weitere Fahrspuren bringt man da nicht unter. Deshalb brauchen wir jetzt ein Umdenken, eine echte Verkehrswende.

Was kann man also tun? Für mich ist klar: Das Auto wird in unserem ländlich geprägten Landkreis auch in Zukunft eine große Rolle spielen – und dabei auch immer häufiger elektrisch fahren. Aber die Antriebswende beseitigt das Platzproblem nicht. Die eine Lösung gibt es nicht, die Mobilität der Zukunft ist ein bunter Mix: Sharing-Stationen mit Autos, Rädern und Lastenrädern zum Leihen, attraktive Bus- und S-Bahnverbindungen, sowie ein flächendeckendes Netz aus sicheren und alltagstauglichen Radwegen.

Eine höhere Bevölkerungsdichte kann durchaus auch Vorteile beim Nahverkehrsangebot haben. Beim Carsharing-Angebot ist der Landkreis bundesweit schon heute ganz vorne dabei. Wichtig ist, dass bei neuen Wohnprojekten die Weichen gleich zu Beginn richtig gestellt werden und weitgehend autofrei geplant wird, wie etwa beim Hölzerbräuquartier in Ebersberg angedacht.  Zentrumsnah mit vielen fußläufigen Zielen und gutem Anschluss an die S-Bahn könnte man da auf ein eigenes Auto im Alltag leicht verzichten und für gelegentliche Möbeleinkäufe oder Ausflüge auf ein Carsharing-Auto zurückgreifen. Solche Zukunftswohnquartiere bräuchte jede S-Bahn-Gemeinde, denn immer mehr Menschen wünschen sich ein autofreies Leben.

Großes Potential schlummert noch im Fahrrad. Ob Einkauf, Kinder zum Sport bringen oder zur Arbeit pendeln, mit dem anhaltend starken E-Bike- und Lastenrad-Boom ergeben sich ganz neue Möglichkeiten auch größere Lasten bequem zu transportieren und längere Strecken zurückzulegen. Dieses Potential sollten wir jetzt entfesseln, indem wir zum Beispiel den Lastenradkauf öffentlich fördern.

München macht das bereits seit vielen Jahren, und die Grünen wollen auch bundesweit eine Lastenradförderung von bis zu 1000€ einführen. Wir müssen die Verkehrswende mutig angehen: Wir haben jetzt die Möglichkeit zu entscheiden, wie sich der Landkreis entwickeln soll, mehr Autos und mehr Stau – oder lebenswertere Ortskerne und echter Klimaschutz? Wenn wir nicht gegensteuern, dann bekommen wir Jahr für Jahr eine zusätzliche Autoschlange von 7,5km Blech dazu. Wer will das ernsthaft? Das müssen wir ändern.